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Reisebericht Argentinien Worlds End und Venezuela März 2024


Abenteuer am Ende der Welt: Mit der Fliegenrute von Patagoniens Wildnis zum türkisblauen Paradies Los Roques (Roberto S.)

Reisen sind oft mehr als nur ein Ortswechsel – sie sind eine Reise zu uns selbst, ein Eintauchen in die Welt, die uns umgibt, und eine Suche nach Abenteuern, die uns prägen. Für Fliegenfischer ist die Reise jedoch auch eine Leidenschaft, eine Symbiose von Natur, Technik und Intuition. In diesem Bericht erzähle ich von einer außergewöhnlichen Expedition, die mich von den unberührten Landschaften Patagoniens bis zu den türkisfarbenen Gewässern von Los Roques führt. Es ist eine Geschichte von grenzenloser Vorfreude, intensiver Planung und der einzigartigen Verbindung, die man spürt, wenn man in fremden Gewässern mit der Fliegenrute in der Hand steht – ein Streifzug von einem Ende der Welt zum anderen, wo Abenteuer und Sehnsucht aufeinandertreffen.

Der Malbec ist an allem Schuld!

Wein beflügelt bekanntlich die Geister, besonders, wenn man ein gutes Glas Rotwein in einem sagen umworbenen Land bei Kaminfeuer mit Freunden genießt. Vielleicht ist der argentinische Malbec, den wir am Rio Gallegos in Patagonien in der Lodge verkosten, schuld an dem, was kommen sollte. Oder einfach nur die ungezügelte Lust auf Abenteuer in fernen Ländern, mit der Fliegenrute in der Hand, um das Leben in unberührter Natur zu spüren. Wie immer an solchen Abenden sprechen wir über vergangene Fliegenfischer Abenteuer, auch an diesem. So kam es, dass ich bei einem Gespräch zwischen Carsten und Rob am Abend, über den Rio Irigoyen dann auch neugierig werde und frage, was das wohl für ein Fluss sein sollte, der da so sagenumwoben klingt. Als ich die Bilder und die Lokation in Feuerland sehe, ist für mich klar, da musst du hin, zum Fliegenfischen ans Ende der Welt. Dabei fällt mir jedoch ein, dass ich unbedingt mal wieder zum Fliegenfischen ins Salz will, das ja eigentlich meine große Liebe ist. Aus beruflichen Gründen ist meine Zeit leider immer noch etwas begrenzt, also was tun, ans Ende der Welt oder in tropischen Gefilden bei Sonne, Palmen und Meer zum Fischen? Ich hatte meinen innerlichen Zwiespalt noch gar nicht verarbeitet, da hat Carsten die zündende Idee und meint, warum nicht kombinieren. Wenn wir schon auf dem südamerikanischen Kontinent sind, bietet sich doch Los Roques an, eine Salzwasser-Destination, die wieder im Angebot war und die ich bereits kenne. Ich kann Carsten gerade noch meine Begeisterung für diese Idee signalisieren, da schweifen meine Gedanken beim Blick in den Kamin schon ab, in diese sagenhafte Reise, um auf einem Kontinent den äußersten Süden und den äußersten Norden zu befischen. Von einem Extrem ins andere.

Nach dem Angelausflug ist vor dem Angelausflug

Ja ich weiß, der Spruch ist gestohlen, aber passt. Kaum waren wir aus Patagonien zurück, ging die Planung schon wieder von vorn los. Dabei hat Carsten ja die meiste Arbeit. Für mich heißt es nur bangen, klappt das, was wir uns da vorgenommen haben oder nicht. Vorsichtshalber habe ich schon mal Flüge von München nach Buenos Aires und von Caracas nach München geprüft. Nach langen Diskussionen mit der Lufthansa Hotline ist alles gebongt. Meine Interkontinentalflüge mit der LH nach Buenos Aires und der TAP von Caracas zurück nach München sind gebucht, nachdem Carsten uns grünes Licht gegeben hat. Südamerika, here we come. Einige meiner Freunde, denen ich das erzähle, meinen, ich wäre wohl übergeschnappt. Aber man lebt nur einmal und so ein Abenteuer möchte ich mir nicht entgehen lassen. Apropos Abenteuer, mir steht der Angstschweiß auf der Stirn, als ich darüber nachdenke, was ich wohl alles packen will und wie viel das Gepäck dann am Ende wiegen wird! Wir müssen doch für zwei völlig verschiedene Klimazonen und Angeltechniken packen und dazu kommt dann wie immer meine Fotoausrüstung. Aber mehr dazu später.

Da Carsten das Thema mit den Flügen im Griff hatte, brauche ich mich Gott sei Dank nicht um das Debakel mit den stornierten Flügen in Südamerika zu kümmern und kann mich vollends auf ihn verlassen. Er bekam sozusagen Card Blanche! Ich bin genug mit mir selbst beschäftigt. Leider ist es bei uns ja Winter und so kommt es dann auch, dass ich neben mehreren Geschäftsreisen nach Asien noch zweimal krank werde und mich zumindest körperlich und wurftechnisch nicht optimal vorbereiten kann. Ein Umstand, der mir später eine ziemlich blöde Verletzung in meiner Wurfschulter kosten wird. Aber First things first, trotz Krankheit und sonstigen Widrigkeiten muss ich mich vorbereiten. Das Packen ist neben der physischen Vorbereitung meine größte Sorge und so verbringe ich die Wochen damit, immer wieder alles neu zu sortieren, zu wiegen und zu packen, um wenigstens einigermaßen im Rahmen zu bleiben. Carsten gab mir schon sein Gewicht durch, 23 kg, so ein Streber denke ich mir. Wie um Himmelswillen soll ich das jemals hinbekommen. Welche Ruten und Rollen nehme ich mit, welche Schnüre usw. Am Ende habe ich dann doch fünf Ruten eingepackt, zwei der Klasse 7 und 8 für Patagonien und eine Klasse 7, 8 und 9 fürs Salzwasser. Dazu kommen dann noch 5 Rollen und einiges an Schnüren, um auf alles vorbereitet zu sein. Komplimentiert habe ich das Ganze mit den restlichen Utensilien, 2 Paar Schuhe, Wathose, Jacken, Shirts und Fliegen und so weiter. Alles jeweils für die entsprechende Fischerei und Klimazone. Dazu kommt dann noch meine Kameraausrüstung samt Drohne. Für die wir auch noch eine Genehmigung benötigten. Was für ein Aufwand denke ich mir und wer Bitteschön soll das alles schleppen?

Streik, Chaos, Bier, Empanadas und einfach nur sein

Die letzten Tage vor der Abreise verlaufen wie immer blitzschnell und absolut chaotisch. Es sind abermals Streiks und damit Zug- und Flugausfälle angesagt. Jetzt geht das Umdisponieren los. Alle sitzen wie auf Kohlen, weil wir nicht genau wissen, bei wem die Streikausfälle nun wirklich zuschlagen werden. Hatte ich mich doch schon im Jahr davor bei meiner Patagonien Reise vor dem Streik gerettet, hoffe ich dieses Mal abermals auf mein Glück. Während die anderen umdisponieren müssen, habe ich buchstäblich richtig Dusel und mein Zubringerflug aus München nach Frankfurt fliegt planmäßig. Mein Urlaubsfeeling setzt indessen langsam ein. In Frankfurt (Main) angekommen, treffe ich auf Dirk und Rob im Flughafen.  Bei einem Glas Wein bereiten wir uns mental auf den 13-Stunden-Flug nach Buenos Aires vor, der planmäßig zur Passage übers Mittelmeer, Westafrika, den Kanaren und Azoren über den Atlantik nach Argentinien abhebt.

Das Schönste am Fliegen ist, keine Anrufe, keine SMS oder WhatsApp Nachrichten, keine E-Mails, einfach nur sein, den Augenblick genießen und vielleicht auch neue Menschen kennenzulernen, zumindest für mich. Die Anspannung und Antizipation, darauf, was einen beim Öffnen der Tür des Flugzeuges erwartet, in dem Wissen, dass du auf einem anderen Kontinent aussteigen wirst. Gerade das ist es, was diese Fliegenfischerreisen so faszinierend für mich macht. Hier sind wir nun in Business Aires, über 11.000 Kilometer von zu Hause entfernt, aber bislang nicht mal am Ziel unserer Reise angekommen. Das Wiedersehen der Freunde in Buenos Aires ist dafür umso schöner, und nachdem wir die Zoll- und Passkontrolle passiert und unser Gepäck eingesammelt haben, soll es noch weitergehen. Die argentinische Sonne küsste uns, als wir den Flughafen verlassen, um zum Inlandsflughafen zu wechseln. Die Wärme tut einfach gut. Das Treiben der Menschen im und um den Flughafen herum, das Gewusel und die vielen Eindrücke geben mir das Gefühl von Leben. Nach einer kleinen Stippvisite beim lokalen Angelverein und einer Stärkung mit Bier und Empanadas geht es zum nächsten Flughafen für unseren vierstündigen Flug nach Ushuaia. Abermals 4 Stunden fliegen, denke ich, OMG. In Ushuaia, der weltweit südlichsten Stadt angekommen, legt sich gemächlich der dunkle Schleier der Dämmerung schon über die Landschaft, aber wir können doch noch einige grandiose Eindrücke von dieser Berglandschaft wie den Cerro Cinco Hermanos mitnehmen, bevor der Tag endgültig der Nacht wich. Als wir dann im Bus auf unserem letzten Stück der langen Reise, der vierstündigen Autofahrt zur Lodge, sitzen, lege ich mir die Karte Südpatagoniens abermals in meinem fotografischen Gedächtnis zurecht. Da ich einiges über die Entdecker der Magellanstraße, der Beagelpassage, der Francis Passage und Feuerlands und der Stadt Ushuaia gelesen hatte, keimt auch in mir ein Hauch von Entdeckern und Abenteurern auf. Meine Blicke und Gedanken schweifen über die fast schon nachtschwarze Landschaft, um wenigstens etwas davon zu erahnen, wie es zu den Zeiten der Entdecker wohl war, als mich dann doch die Müdigkeit trotz schaukelnder Fahrt übermannt. Wir unterbrechen unsere Fahrt kurz im Nirgendwo, um noch einmal eine Stärkung zu uns zu nehmen. Mein Schlaf wird vom Schaukeln des Trucks, auf den wir gewechselt haben und den vereinzelt im Scheinwerferlicht vorbei huschenden Tieren unterbrochen. Nach einer gefühlt endlosen Fahrt werden wir von den in der schwarzen Einsamkeit strahlenden Lichtern der Lodge und dem im Schweinwerferlicht schimmern Schild mit der Aufschrift Rio Irigoyen Lodge empfangen. Wir sind da! Jetzt schnell die Zimmer beziehen, die hervorragend und geschmackvoll ausgestattet sind und dann ab ins Bett. Habe ich erwähnt, dass Carsten noch bei der Einweisung um 1 Uhr in der Früh meint, wir wollen schon in der Früh raus zum Fischen? Das habe ich dankend abgelehnt und signalisiert, dass ich dann am Nachmittag mitgehe und erst mal ausschlafen möchte und alles in Ruhe herrichten. Später stellt sich heraus, dass das wohl die richtige Entscheidung war.

Der erste Morgen in Feuerland

Das Morgenlicht küsst mein Zimmer, als ich nach einem erholsamen Schlaf aufwache. Ich sehe mir das Zimmer noch einmal in Ruhe an. Es ist klassisch, aber trotzdem geschmackvoll für eine Lodge, alles aus Holz, mit integrierten Regalen und viel Platz für meine Ausrüstung. Das Bad ist geräumig und kuschelig warm. Also zunächst eine Dusche nehmen und dann sehen wir weiter. Im Vorraum der Lodge brennt der Holzofen und so kann ich meine Ausrüstung in Ruhe bei einem gemütlichen Feuer und einer Tasse südamerikanischem Kaffee herrichten. Der Blick nach draußen durch die großen Fenster beeindruckt durch eine grandiose Landschaft, die vom gelben Morgenlicht der aufgehenden Sonne geflutet wird. Also nichts wie raus und in den Aufenthaltsraum der Lodge mit der angeschlossenen Küche, um das hervorragende Frühstück mit Ausblick auf ein Land aus vergangener Zeit zu genießen. Meine Entscheidung, den Vormittag vorerst auszuruhen, war goldrichtig. Ich nutzte die Zeit, um meine Ausrüstung akribisch herzurichten und die Umgebung der Lodge mit meinem Fotoapparat zu erkunden. Und so spaziere ich in der argentinischen Sonne die Mündung des Irigoyen bis zum Meer hinunter. Auf meinem Weg treffe ich auf einen Caracara, einige Wildpferde und Guanakos und natürlich jede Menge anderer Vögel. Am Meer angekommen genieße ich den grandiosen Blick auf die Küste des Atlantiks bis hinunter zur Spitze des südamerikanischen Kontinents, die nur noch ca. 60 Kilometer entfernt war. Beim Anblick der Wellen des Atlantiks, die den Strand umarmen, fließen meine Gedanken in die Vorstellung, was wohl all die Seefahrer gedacht haben, die diesen Kontinent das erste Mal nach einer langen Atlantiküberquerung sahen.

Ich genieße gerade die Mittagssonne, als die anderen von ihrem ersten Angelabenteuer zurückkehren. Leider war der erste Morgen nicht von Erfolg gekrönt, was meine Entscheidung bestätigte, alles etwas ruhiger angehen zu lassen. Wir nehmen über Mittag eine Stärkung in der Lodge zu uns und dann geht es los, mein erstes Angelabenteuer am Rio Irigoyen.

Ein sagenumworbener Fluß aus vergangener Zeit

Am Samstagnachmittag ist es dann so weit. Ich stehe mitten im Fluss am Two Colours Pool und mache meine ersten Würfe im Dunklen, aber klaren Wasser. Umsäumt von Kiesbetten, Baumstümpfen, Gräsern und Büschen und alten Bäumen schlängelt sich der Fluss durch diese wundervolle Landschaft. Welch sagenhaften Fischreichtum er wohl vor mir verbirgt? Am heutigen Tage wird er mir sein Geheimnis nicht mehr preisgeben und so bleibt mir nur der traumhafte Anblick der Wildpferde, die im Mondlicht am Ufer grasen, während wir bis in die Dunkelheit unsere Ruten schwingen und immer wieder das laute Klatschen eines rollenden Fisches vernehmen. In der Lodge angekommen gibt es ein wunderbares Abendessen mit einem ebenso im Geschmack schmeichelnden Malbec und zum Nachtisch eine Birne Helene oder so etwas Ähnliches, von dem ich nicht wusste, ob ich es lieber nur ansehen soll oder auch essen, so schön war das Arrangement des Desserts.

Sonntag, der siebzehnte März, es geht weiter! Ich fische meine Nam Original #8 mit Loop Opti Speed Runner und der Vision Vibe 85 19g/285 mit verschiedenen Poly Leadern von SA! Ein wunderbares Outfit zum Werfen und Fischen! Ich binde alles dran, was geht, Wolly Bugger und Nymphen in allen Farben und Größen, bleibe aber trotz einiger zaghaften Bisse, Schneider für den Tag. Aber Volkmar ging dafür der mega dicke Fisch an den Hacken! Petri! Trotzdem werde ich immer wieder mit den unvergesslichen Eindrücken dieser traumhaften Landschaft belohnt, was das Schneider sein dann doch erträglicher macht.

Es ist Montag, der achtzehnte März! Wir rüsten auf! Nach der Erfahrung von gestern benötige ich unbedingt die geheimen Fliegen aus der Lodge. Also hole ich mir ein paar Streamer aus dem kleinen Flyshop der zur Lodge gehört. Und siehe da, am Vormittag ist es dann so weit, ich fange meine erste schöne Meerforelle! Kein Klopper, aber immerhin knackt sie die 50-er Marke schon mal. Das Ganze abermals am Two Colours Pool! Ich freue mich, als ich den wunderschön gezeichneten Fisch wieder in seine Freiheit entlassen darf und genieße den Moment im warmen Licht der Sonne Patagoniens.

Mein Monster!

Dienstag, der 19. März! Es ist kalt, die Ruten sind mit Raureif bedeckt. Aber die aufgehende Sonne macht der Kälte schnell den Garaus. Wir fahren wieder raus zum Wasser. Der Irigoyen fließt ruhig und gelassen wie immer. Ich mache mich ans Werk. Der grüne Wooly Bugger fliegt mehrmals schräg stromab zum anderen Ufer und tritt dann die Reise querab zum Swing an. Mehrmals durchschneidet die Schnur das Licht der Morgensonne! Ich freue mich über meine gelungenen Würfe und deren nahe Platzierung am Ufer, dann ein Stopp, ein Klopfen. Da ist er, der Einschlag des Monsters! Mein Puls steigt rasant- und die Spannung ins Unermessliche! Endlich, endlich habe ich einen dicken Fisch an der Angel! Und dick ist der! Zunächst lässt er sich gar nicht blicken und ich muss ewig kämpfen, bevor ich ihn das erste Mal sehe. Unser Guide Nahuel ist schon ganz nervös, wusste er wohl, dass das ein besonderer Fisch ist. So geht der Kampf gefühlte 10, oder 20 oder vielleicht 30 Minuten, bis er ans Ufer kommt zum beachen. Dachten wir, aber eine erneute Flucht verlängert meine brutale Anspannung nochmals. Beim zweiten Anlanden ist es so weit, Nahuel ergreift das Beast in erfahrener Manier und wir haben ihn gelandet. In mir löst sich der Urschrei, den wohl noch die Einwohner der 300 km entfernt gelegenen Falkland Inseln gehört haben müssen. Ganze 85 cm lang und mega fett ist diese gigantische Meerforelle. Da liegt er, der Fisch meines Lebens! Was für ein wunderschönes Tier. Nach ein paar Aufnahmen und Vermessen darf der Fisch wieder in seine Freiheit des dunklen Wassers des Irigoyen entschwinden.

Die nächsten zwei Tage fischen wir teils in der Mündung auf den sagenhaften Robalo. Ich habe mehrere Bisse und fange kleinere Exemplare der Marke Bachforelle, kämpfe mit dem Wind, aber eine große Dame mag wohl nicht mehr ans Band gehen. Egal, ich bin immer noch geflashed von dem Monster, das ich gefangen habe.

So feiern wir am letzten Abend im wunderschönen Aufenthaltsraum der Lodge den Geburtstag eines Lodge-Mitarbeiters bei einem tollen Essen, Musik, Tanz und argentinischem Wein. Eine Flasche besser als die andere.

11 Grad und 52 Minuten Nördlicher Breite oder mehr als 7000km

Am frühen Morgen des 22. März ist es dann so weit, die Abfahrt nach Venezuela steht an. Mit dem Atlantik zu unserer Rechten fahren wir Richtung Norden nach Ushuaia. Mein Blick schweift noch einmal über die weiten Küsten Südamerikas die von den Wellen des Atlantiks gestreichelt werden.

Und so geht es weiter auf dieser sagenhaften Reise. Wir machen uns auf den Weg zurück nach Ushuaia. Es ist noch früh! Die Sonne zaubert ein wunderschönes Licht über die Landschaft. Die Fahrt ist mühsam, über Feld und Schotterwege, bis wir endlich eine Teerstraße erreichen. Vorbei an den Bergen und Seen kommen wir wieder am Flughafen in Ushuaia an, checken ein und dann geht es schon los Richtung Buenos Aires. In Buenos Aires angekommen, verbringen wir unseren sechsstündigen Aufenthalt in einem der besten Steakrestaurants, dem Don Julio! Vorbei am großen Grill und der Fleischtheke machen Carsten und ich uns auf in Richtung Weinkeller. Nach einer kurzen Besichtigung mit dem Küchenchef haben wir unsere Weinauswahl getroffen und lassen uns zum Essen draußen auf der Straßenterrasse nieder. Das Leben buzzert hier richtig und die Wärme, der Flair und der Wein erwecken in mir die Sehnsucht nach mehr Südamerika, nach Sonne, Wärme, Palmen und Strände, Los Roques eben. Ich bin momentan ein Warmblüter. Gestärkt mit Essen und Wein geht es nun weiter, von Buenos Aires nach Panama City über Nacht. Ich glaube, ich bin jetzt schon körperlich am Ende, aber dann doch wieder vollkommen angespannt. Ich genieße es, einfach zu reisen, rastlos, um alle Eindrücke einzusaugen, die mir die verschiedenen Länder und Kulturen bieten. In Panama City angekommen, warten wir auf unseren Weiterflug nach Caracas. Ich versuche in einer Lounge zu duschen, ohne Glück. Na dann muss eben mein Sitznachbar meinen männlichen Duft aushalten, denke ich mir. Mit etwas Stärkung und einem guten Espresso Macchiato am Flughafen in Panama geht es weiter nach Venezuela. Endlich landen wir dann nach schätzungsweise 30 Stunden Reise in Caracas und machen uns zum Hotel auf, um am nächsten Tag weiter nach Los Roques zu fliegen. In diesem Moment haben wir den kompletten südamerikanischen Kontinent von „unten nach oben“ durchquert, von 54 Grad südlicher Breite bis zu 11 Grad nördlicher Breite oder 7380km. Erschöpft lassen wir uns auf ein Bier und etwas zu Essen nieder, um uns auf den nächsten Morgen vorzubereiten.

Der Weg ins Paradies

Das Zimmer im Hotel war in Ordnung und ich konnte kurz aber tief schlafen. Allerdings viel zu kurz. Nicht vor 6 Uhr aufstehen zu müssen, sollte auf die Magna Charta kommen! Wir wahren schon um 4:30 auf dem Weg zum Flughafen, um unseren Flug nach Los Roques zu nehmen, grausam! Am Flughafen in Caracas gibt es wieder das gleiche Drama um das Übergepäck und willkürliche Gebühren wie bei meinem letzten Besuch in Los Roques. Also, wer mit dem 20 Kilo Gepäcklimit auskommt, sollte sich unbedingt daran halten! Ich bin natürlich weit darüber, habe dann aber aus einem unbekannten Grund Glück und muss nicht so viel bezahlen wie andere in unserer Gruppe! Allerdings kann auch das unsere Vorfreude nicht trüben. Als wir zum Flieger gehen war all der Ärger verschwunden, nur noch die Sehnsucht nach dem Flug über und zum Archipel füllt mich aus.

Der Flieger ist immer noch der gleiche, mit dem ich bei meinem ersten Trip nach Los Roques 2016 geflogen bin! Ob der wohl sachgemäß gewartet wurde all die Jahre! Egal, wir lassen das Festland hinter uns und fliegen schon über das Wasser, das in allen Blautönen des Farbspektrums getaucht ist. Zur Erklärung, Los Roques mit seiner Hauptinsel El Gran Roque, ist ein Ring-Archipel aus ca. 350 Inseln und liegt etwa 120 km nördlich von Caracas, Venezuela in der Karibik. Es wurde 1972 von der Regierung Venezuelas als Nationalpark ausgewiesen, was auch den unglaublichen Fischreichtum erklärt. Gespannt blicke ich nach unten und denke darüber nach, was mich wohl dieses Mal erwartet, acht Jahre später! Wir landen! Vieles hat sich verändert und doch ist einiges immer noch so wie früher! Die Ankunftshalle ist jetzt eine richtige Halle, schlicht aber geschmackvoll! Nach der Anmeldung geht es zu Fuß zur Posada Acuarela! Auch diese ist sehr geschmackvoll eingerichtet und gefällt mir sehr. Sie hat einen gewissen Charme aus verspieltem kolonialem Stil und Fischerhaus. Wunderschön gepflegte Holzmöbel, verschlungene Gänge und überall Sessel und Sofas, die zum Verweilen einladen, während von oben das Licht der Sonne auf die Pflanzen scheint, die überall platziert sind. Auch mein Zimmer ist wirklich sehr geschmackvoll eingerichtet und ich fühle mich schon richtig heimelig.

Sonne, Palmen, Bonefisch, Bier und Cocktails!

Sonntag der 24. März, jetzt wird erst einmal eingerichtet, gegessen und dann geht es auch schon los. Ich fahre mit Carsten und unserem Guide Rafael raus, das freut mich besonders, weil wir beim Fischen immer auf einer Wellenlänge sind. Mein erster Tag auf den Flats, seit Langem! In meinen Gedanken macht sich die Angst breit, bloß nichts verkacken, denke ich mir! Aber so lange habe ich gar keine Zeit, da hängt schon der erste Bonefisch an der Fliege! Es werden mehrere und viele von ihnen spotte ich selbst, werfe sie an und kann sie auch landen. Ein gelungener Auftakt.

Als wir zurück zur Posada kommen, erwartet uns ein leckeres Bier und Cocktails, und so verbringen wir die Zeit bis zum Abendessen unter Freunden und lassen den Tag Revue passieren. Die Abendessen in der Posada sind erste Klasse, inklusive Wein und Zigarren, die mir unser Veranstalter Pablo von FFLR noch freundlicherweise besorgt hatte, weil ich sie mir ausgegangen sind.

Fisch, Fisch und nochmals Fisch im türkisfarbenen Wasser der Flats!

Am nächsten Morgen geht es damit los, dass wir bei einem guten Frühstück zusammensitzen und schon wieder über den anstehenden Tag reden. Ich warte noch auf Manuel aus der Schweiz, mein neuer Boots- und Fischerkamerad. Carsten meinte, er würde perfekt zu mir passen und das sollte sich als Glücksgriff herausstellen. Manuel kommt erst verspätet an, da er  bedauerlicherweise in Madrid hängen blieb und erst am nächsten Tag weiterfliegen konnte. Aber jetzt war er da. Das Ganze etwas gelassener anzugehen, ist aber ohnehin in meinem Sinne. Als er dann eingecheckt und fertig ist, geht es los. Wir, inklusive Carsten, fahren wieder raus, mit unserem Guide Carlos zum Sarqui. Die drei Musketiere von Los Roques! Dann geht es Schlag auf Schlag, Manuel und ich fangen beide Bones Galoore! Unglaublich! Carsten ist auch mit dabei und so haben wir einen Mordspaß da draußen im endlosen Blau und Türkis der Flats. Von Bones bis Jacks bis Triggerfische und was sonst noch so schwimmt, fangen wir alles und das geilste Erlebniss ist, als Carsten einen Trigger im knietiefen Wasser in einem kleinen Tidepool an den Hacken bekommt. Ich hatte ihn beobachtet und meine Kamera in Antizipation schon ausgepackt, um ein paar schöne Bilder oder ein Video zu machen, und so kann ich das Ganze auch noch auf meiner GoPro Live festhalten! Zusätzlich bekam ich noch einige wunderschöne rote Krabben vor die Linse. Kurzum für mich war es ein wundervoller Tag, nicht nur voller Fisch, sondern reich an wunderschönen Erinnerungen, die ich auf Film und Foto festhalten konnte.

Und so gehen die nächsten Tage weiter. Am nächsten Tag fahren wir mit Oswald raus, zum Cayo Sal, um weitere Bones und Triggerfisch zu jagen. Wir fischen auf wunderschönen Pancake Flats, die von türkisfarben in dunkelblau abfallen. Der Fischreichtum ist unbeschreiblich, und es wimmelt nur so von Bonefisch. Wieder endet ein Tag im Paradies. Wir haben aufgehört, die Fische zu zählen. Das wäre sinnlos. Ich fange schon oft an zu filmen und zu fotografieren, da ich für mich selbst die Sinnhaftigkeit des endlosen Catch and Release Fischfangs infrage stelle. Dann greife ich lieber auf das Fotografieren und Filmen zurück, weil ich überzeugt bin, ich habe genügend Fische gefangen.

Am Mittwoch fahren Manuel und ich mit Cori zum Esparky und Punta Cuchillo. Wieder begrüßen uns unendliche blaue Flats, die von Fisch nur so wimmeln, und wieder haben wir einen großartigen fischreichen Tag. Wir suchen dieses Mal auch nach Permits werden aber leider nicht so wirklich fündig und so versüßen wir uns den Tag mit Fischen auf Bones, Jacks und Tarpons.

Am Donnerstag ist es dann so weit, Manuel und ich fahren mit Efren raus zum Lankey und Carenero. An diesem Tag habe ich abermals einen schönen Tarpon am Haken, verliere ihn aber gleich wieder. Später aber werde ich dann belohnt mit einem schönen Horseeyecheck der am Strang entlang jagt und meinem Streamer einfach nicht widerstehen kann. Auf einem kleinen Flat habe ich sogar noch eine Chance, einen schönen Permit zu fangen, aber der ist ungünstigerweise einfach zu spooky and diesem Tag und möchte sich nicht so richtig zeigen. Egal, es war wieder ein toller Tag am Wasser, zumal wir uns beim Abschluss auch noch auf einen Abstecher auf Crasqui einfinden, um Hummer und Austern zu essen, bevor wir uns auf den Heimweg machen.

Alles hat ein Ende!

Den letzten Tag runde ich mit etwas Gelassenheit ohne Angeln aus. Mache mit Carsten einen Ausflug auf den Berg von Gran Roque und seiner Madonnen Statue, besuche die lokale Bar und nutze die Zeit, um nochmals Fotos zu schooten! Ich weiß nicht, ob ich zu diesem Zeitpunkt schon die ganzen Eindrücke verarbeitet habe, aber ich merke, wie in mir die Unruhe vor der Abreise steigt, leider. Es ist abermals zu Ende. Beim Heimflug am nächsten Morgen gelingt mir dann noch ein wunderbarer Film aus dem Flieger über das Archipel und seine türkis blauen Lagunen. Keine Frage, ich komme wieder hierher!

Wenn ich auf diese Reise zurückblicke, erfüllt mich eine tiefe Dankbarkeit – für die einzigartigen Momente in Patagoniens Wildnis, die türkisfarbenen Flats von Los Roques und die Kameradschaft, die diese Erfahrungen so besonders machte. Es ist nicht nur das Fischen, das einen prägt, sondern die Geschichten, die Landschaften und die Menschen, die einen begleiten. Diese Reise war ein Fest der Kontraste, ein Zusammenspiel aus intensiver Planung und der Magie des Unvorhersehbaren. Sie hat mir erneut gezeigt, dass der Weg selbst oft das Ziel ist und die wahren Schätze einer Reise nicht nur in den gefangenen Fischen liegen, sondern in den Erinnerungen, die uns für immer begleiten.