Review: Ferne Welt und Unendliche Stille vom Forelle & Äsche Verlag
Angelgeschichten, genauer gesagt Erzählungen übers Fliegenfischen, taugen die etwas? Seit einem Jahr bereits reizt es mich die beiden Bücher Ferne Welt und Unendliche Stille – Übersetzungen zweier bekannter Autoren aus Großbritannien und den USA – vom Forelle & Äsche Verlag zu lesen. Wurde doch vor ungefähr der Zeit die Veröffentlichung beider Werke durch eine Crowdfunding-Kampagne mit viel Pomp angekündigt. Nach wenigen Wochen kam eine fünfstellige Summe für die Teilfinanzierung beider Bücher zu Stande. Gibt es also doch noch Fliegenfischer im deutschsprachigen Raum, die mindestens genau so gern zum Buch greifen wie zum rasch zu konsumierenden Video, wenn sie nach Unterhaltung übers Fliegenfischen suchen?
Vielleicht liegt es auch gerade daran. An der Übersättigung durch sich immer öfter ähnelndes Bewegtbildmaterial. Hier wie dort gilt: Qualität wird immer hervorstechen. Aber anders als bei YouTube, drängen wenige Angelautoren auf den Self-Publisher Markt von Büchern. Ob aber Ferne Welt als auch Unendliche Stille mehr können als bloße Unterhaltung, davon war / bin ich gerade dabei mich zu überzeugen.
Geschichten über Reisen zum Fliegenfischen interessieren mich natürlich. Besonders dann wenn die Erzählungen an Ziele führen, die auch pukka destinations seit Jahren bereist: Kanada, Island, Argentinien, Russland, Irland, Mexico u.a. Bestätigt wird in beiden Büchern soweit ich bisher lesen konnte, was ebenfalls meine Überzeugung ist: Die Essenz einer Fischerreise, lässt sich oft nicht nur an der Qualität und dem Ausmaß der gefangen Fische festmachen. Die Nebenschauplätze jedes Trips an nahe und entlegene Orte, die zufälligen und die geplanten Reisebegegnungen, die oft fremde Vegetation und Fauna, die durchkreuzten Pläne und die logistischen Herausforderungen: sie alle tragen zum Gesamterlebnis einer gelungenen Reise maßgeblich bei.
Auch die auf den ersten Blick weniger erinnerungswürdigen Momente haben, mit etwas Abstand auf die Schmach und den Misserfolg, vielleicht vom ein oder anderen bleibenden Highlight zu berichten. Nicht, dass die beiden Bücher sich aufs Scheitern konzentrieren. Anders aber als beim relativ jungen Medium Video wird den dort gern ausgeblendeten Qualen, Mühen und Enttäuschungen einer Angelreise, in Ferne Welt und Unendliche Stille zumindest Platz eingeräumt. Vorherrschend sind beide Bücher jedoch ein Freudenfest über die Schönheit, das Staunen, die Glücksgefühle, der Freundschaft und der Naturverbundenheit die sich beim Fliegenfischen einstellen.
Ferne Welt erinnert mich ein wenig an eine Fahrt im Skiff über karibische Flats. Rasant und elektrisierend geschrieben führt es den Leser von Spot zu Spot, ständig auf der Suche nach dem Verborgenen. Und ehe man es sich versieht ist die Zeit vorbei, geht der Tag zu Ende, ist man mit dem Buch durch. Flotte Unterhaltung!
Für Unendliche Stille muss man sich etwas mehr Zeit nehmen und Geduld mitbringen. Obwohl gerade in diesem, besonders viele Destinationen umspannenden Buch, dem Salzwasserfischen auf Bonefish, Tarpon und Permit einige begeisternde Erzählungen gewidmet werden. Die Besessenheit und Euphorie für unsere Leidenschaft trieft aus jeder einzelnen Zeile dieses, ich bin geneigt philosophischen Buchs zu sagen: Diesem nachdenklichen, gelegentlich kämpferisch stimmenden, stets liebevollen Blick auf die Zusammenhänge des Lebens und dem Fliegenfischen.
Die Lesetipps von Tankred Rinder, Inhaber und Verleger beider Bücher im Forelle & Äsche Verlag, haben mir jetzt schon unglaublich viel Freude bereitet. Selbst Inspiration für weitere Reiseziele und Gelegenheiten zum Fliegenfischen auf der ganzen Welt habe ich mitgenommen. Zwei wirklich lohnende Anschaffungen, die fast so viel Spaß machen wie selbst fischen zu gehen. Bücher die nachwirken und mich und hoffentlich auch meine Gäste auf die nächste Reise einstimmen – 2020 kann kommen.